Die meisten kennen mich als die Ranch-Riding-Trainerin.
Kein Zufall, dass dieses Image mir anhaftet, gegen das ich natürlich auch überhaupt nichts habe. Ich liebe die Disziplin von Anfang an. 2015 war ich noch auf einem Turnier, wo keine Ranch Riding ausgeschrieben war – heute unvorstellbar. 2016 bin ich dann das erste Mal gestartet und habe mit meiner Stute den 2. Platz gemacht – da war die Disziplin noch ganz neu in Deutschland. Aber ich wusste sofort: Das ist unser Ding, mein Pferd liebt es, ich liebe es. Perfekte Voraussetzungen. Seit damals sind wir bei APHA/PHCG und EWU in der Ranch Riding vorne mit dabei. Meine Stute hat die Silbermedaille der EWU für ihre bisherigen Lebensleistung in der RR erhalten, wir sind beim PHCG Europameister 2021 und Vize-Europameister 2022, Internationaler Deutscher Vizemeister 2021 und Bayerischer Meister 2021 sowie Bayerischer Vizemeister 2022.
Wie sehr die Begeisterung dafür ab da immer mehr durch die Decke ging, ein Pferd im Ranch-Stil zu showen, weiß wohl jeder, der ein bisschen die Westernturnierreitszene beobachtet oder selbst Teil davon ist. Inzwischen sind die Starterzahlen in der Ranch Riding regelmäßig die höchsten von allen und nicht nur die Anforderungen, sondern auch das Niveau sind enorm gestiegen.
Aber ich habe auch das Echo von nicht so wohlwollenden Aussagen im Hinterkopf, die ich durchaus öfter gehört habe, zum Glück inzwischen nur noch selten:
„Ach, Ranch Riding, ein bisschen Schritt, Trab, Galopp, das kann doch jeder.“
„Die Ranch Riding ist halt was für die, die keine Reining reiten können.“
Ist das so? Wenig überraschend, dass ich darauf mit Nein antworte.
Ich sage vielmehr:
„Die Ranch Riding ist genau das, was der Westernreitsport gebraucht hat, um sein Image zu verbessern.“
Die Ranch Riding ist, richtig verstanden und korrekt zur Ausführung gebracht, geradezu eine Gymnastik-Kür für das Pferd. Es wird Wert auf gesunde, der Anatomie des Pferdes entsprechende Haltung und Gänge gelegt, läuft das Pferd „untertourig“, kann dies zu Abzügen führen, läuft es mit zu tiefer Nase, zu wenig Hinterhandaktivität, hat es den Kopf hinter der Senkrechten? Dann kann der Reiter das am Score-Sheet ablesen und sich zu Hause Gedanken über seine Einwirkung und/oder darüber machen, wie er sein Pferd ausgebildet hat und weiter trainiert.
Ich mag die Beschreibung des Pferdes, das der Richter in dieser Disziplin sehen möchte. Auf der Seite der EWU findet man unter anderem folgende Aussage:
„Ein gutes Ranch-Pferd ist an seiner Vielseitigkeit, seinem Arbeitswillen und einem guten Arbeitstempo zu erkennen.“
Aus dem Bewertungskatalog für die Ranch Riding lässt sich ableiten, dass es ein gesund gerittenes, in einer seinem Exterieur entsprechenden Haltung laufendes Pferd braucht, das dabei den glaubhaften Eindruck macht, gerne für seinen Reiter zu arbeiten, eine absolute Grundvoraussetzung ist, um in der Disziplin punkten zu können.
Von den hohen Starterzahlen wird voreilig darauf geschlossen, dass das die Disziplin ist, die jeder einfach mal so mitmachen kann. Doch gerade durch die wachsenden Starterzahlen und das ansteigende Niveau ist es eben nicht mehr ausreichend, die oben zitierte Performance von
„ein bisschen Schritt, Trab und Galopp“
abzuliefern, um eine Platzierung zu erreiten, was mich zu der Annahme führt, dass eben nicht jeder eine Ranch Riding reiten kann, da viele Pferde, die auf andere Disziplinen spezialisiert sind, leider gerade in Sachen
- raumgreifende Bewegungen,
- natürliche Haltung,
- Nase an oder vor der Senkrechten,
- Ohren auf oder über Widerristhöhe,
- aktive Hinterhand
deutliche Mängel aufweisen.
Dass Pferde hinsichtlich bestimmter Disziplinen zu Spezialisten ausgebildet werden, ist gut. Dem disziplinenspezialisierten Training muss aber eine Grundausbildung vorangehen, deren Überspringen zur Folge hat, dass einige von ihnen über keinen ausbalancierten Trab mit schwingendem Rücken und aktiv unter den Schwerpunkt tretender Hinterhand mehr verfügen. Das schließt einige von ihnen schon aus der Erfüllung des oben aufgeführten Kriterienkatalogs aus. Und da dieser ja nicht nur die Voraussetzungen für Erfolg in der Ranch Riding, sondern ein gesund laufendes Pferd beschreibt, ist für mich eher die Frage:
Wer kann sein Pferd eigentlich erfolgreich in einer Ranch Riding vorstellen?
Ich habe schon absolute Reining-Spezialisten zu Allroundern „umgebaut“ und sie haben es mir gedankt. Futurity-Pferde, die keinen fleißigen Schritt, keinen taktreinen Trab, kaum Rückentätigkeit aufweisen, sind auf lange Sicht dem Verschleiß ausgeliefert. Da die meisten meiner Pferde aber von ihren Besitzern als lebenslange Begleiter an deren Seite bleiben sollen, ist es ein unumgänglicher Schritt, sie aus dem knopfdruckartigen Ausführen von einprogrammierten Manövern herauszuholen – ja, manchmal das Puzzle wieder auseinanderzunehmen – und von vorne alles in Ruhe aufzubauen.
Das muss zunächst alles nichts mit der Ranch Riding zu tun haben (sie eignet sich aber dafür) und es spricht auch nichts dagegen, wieder zur Reining zurückzugehen. Ein Pferd, dass diese verpassten Trainingsinhalte dann nachgeholt hat, ist in der Lage, den Anforderungen zu entsprechen. Und dann kann man immer noch entscheiden, ob einem die Ranch Riding gefällt oder nicht. Aber ich sage nicht, ich mag keine Western Riding, deshalb starte ich sie nicht. „So ein paar Wechsel hier und da, wie langweilig.“ Ich sage ganz ehrlich: Sie ist für mich und mein Pferd mangels genügend Sicherheit beim Galoppwechsel schlicht und ergreifend zu anspruchsvoll. Ob ich jemals eine starten möchte oder nicht, hat daher nichts damit zu tun, dass ich sehr wohl mit Ehrgeiz weiter an unseren Wechseln arbeite.
Und daher mein Fazit:
Die Ranch Riding muss nicht jedem gefallen und nicht jedes Pferd muss Spaß daran haben. Aber sie ist meiner Meinung nach ein Prüfstein für gesunderhaltendes, anatomisch korrektes und den Kriterien der Ausbildungsskala entsprechendes Reiten. Und dem sollte doch niemand abgeneigt sein.
Ranchige Grüße
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